“Männer, 20 bis 49 Jahre alt, mit überdurchschnittlicher bis starker Persönlichkeitsstruktur”

So hatte der “Player”, ein unlängst eingegangenes Fußballmagazin seine neue Zielgruppe umschrieben, als man es noch einmal als Männer-Lifestyle-Magazin versuchte. Vorbei. In der heutigen Financial Times Deutschland, was nur leicht minder merkwürdig klingt wie Deutsche British Airways, gibt es einen Artikel zum Sterben der zur WM 2006 so hoffnungsfroh gestarteten Fußballmagazine. Auch “Rund” ist mittlerweile platt und die kostenlose “Sportzeitung” erscheint in diesen Tagen vorerst zum letzten Mal. Vielleicht illustriert die Chancenlosigkeit derartiger Projekte der Umstand, dass ich keines davon jemals in der Hand hatte geschweige denn gelesen habe. Mir genügt der kicker, an selbstquälerischen Mittwochen darf es auch mal die stets überkandidelte Sport-Bild sein, ansonsten Sportteile diverser Tageszeitungen als Zubrot. Auch “Elf Freunde” kenne ich nur vom Hörensagen. Wenn Theo Zwanzigers Vorschlag für den Amateurfußball sich durchsetzt, heißen die dann wahrscheinlich bald “Neun Freunde”. Für “Fünf Freunde” gibt es schon Titelschutz, also nicht zu sehr am Personal sparen. Eine Nische sehe ich eher für ein Weltfußballmagazin, vielleicht auch mehrsprachig. Der kicker hat seine europäische Sektion in den letzten Jahren zwar deutlich aufgewertet und ausgebaut, aber da wäre wohl noch Platz. Mit der sechsten Homestory zur Nummer Sieben und Hintergrundrecherchen zu Rot-Weiss Erfurt allein treibt man die Massen wohl nicht zum Kiosk.

Kommentare zu ““Männer, 20 bis 49 Jahre alt, mit überdurchschnittlicher bis starker Persönlichkeitsstruktur”” (25)

Cannstatter
30.05.2007

Kicker statt 11Freunde?

Das ist ja wie Bild statt taz …

Daniel Banzer
31.05.2007

Wer die 11 Freunde liest, den kann man als Fußballfan nicht ernst nehmen.

Jon Hamre
31.05.2007

11 Freunde ist das Beste, wo gibt. 😉
RUND war im Prinzip nur eine 11 Freunde-Kopie, nur jugendlicher, weniger intelligent und auf Hochglanzpapier.
Aber die 11 Freunde sind Pflichtlektüre. Eindeutig.

Mikesh
31.05.2007

Zeitungen und Zeitschriften kommen und gehen. Und es lässt sich vortrefflich diskutieren, ob die Einstellung der Auflage einer Zeitung oder Zeitschrift nun zurecht geschieht oder ob dies ein großer Verlust für die deutsche Medienlandschaft darstellt. Jeder wird dazu seine persönliche Meinung haben. Schlussendlich entscheidet der Markt und der herausgebende Verlag über (Nicht-)Auflage eines Printmediums. Keiner ist gezwungen ein Printmedium, das ihn nicht interessiert, zu erwerben, um den Markt zu erhalten. Jeder kauft das, was ihn interessiert – der Rest wird ignoriert und verletzt keinen (Ausnahme: extremistische und volksverhetzende Pamphlete – die können und dürfen nicht ignoriert werden). Über deren Leser und ihre geistige Haltung, geistiges Vermögen oder geistigen Schwachsinn zu urteilen halte ich für völligen Unfug. Nur weil einem das Printmedium selbst nicht zusagt (oder man nicht kennt), erlaubt es keinem über die Intelligenz oder “Fanwertigkeit” zu urteilen. Das ist populistisch, vorverurteilend und vor allem kindisch (den Schwachsinn lasse ich ‘mal außen vor).
Mir fällt aber vor allem auf, dass man hier Äpfel mit Birnen vergleicht. Was hat aber der “Kicker” oder “Sport-Bild” mit dem Magazin “11Freunde” zu tun, außer dass sich alle drei mit dem Thema Fußball beschäftigen. Nichts. Sie haben völlig verschiedene Herangehensweisen, um das Thema Fußball zu beleuchten. Während beim “Kicker” und bei “Sport-Bild” die Aktualität mit Spielberichten und Hintergrundinformationen im Vordergrund stehen, sind die Herausgeber und Redakteure von “11Freunde” auf das Thema Fußballkultur (ein sehr weites Feld) fixiert.
Ich glaube wesentlich interessanter, als die Diskussion um Gefallen oder Nichtgefallen eines Printmediums ist die, warum die Verleger dieses Printmedium auf den Markt gebracht haben. Denn es ist interessant, dass ein großer Teil der wieder eingestellten Printmedien aus dem Ressort Fußball kurz vor oder kurz nach der Fußball-WM 2006 auf den Markt kamen. Haben die Verleger auf einen Fußballhype gesetzt? War der tatsächlich vorhanden oder haben sie den sich nur eingebildet? Auch war es spannend zu sehen, ob der Medienmarkt zwei Magazine über das Thema Fussballkultur (”11Freunde” und “rund”)verträgt und wenn nein, wer am Markt überlebt. Der Olympiaverlag (der auch den “Kicker” verlegt) hat das Magazin “rund” veröffentlicht, nachdem sich “11Freunde” am Markt etabliert hatte. Aus heutiger Sicht ist diese Frage zumindest beantwortet.

Mikesh
31.05.2007

P.S. Jetzt will doch noch meine Meinung zu den eingestellten Titeln kund tun. Oder besser zu einem eingestellten Titel – nämlich zu dem Magazin “rund”. Auch wenn ich kein Fan von dem Magazin war, so hat es doch immer wieder einmal interessante Themen recherchiert, die ansonsten von den restlichen Printmedien (außer “11Freunde”) gepflegt ignoriert werden. Zum Beispiel machten die Redakteure die weit verbreitete Homophobie im Fußball zu einem Titelthema. Auch wenn ich mit der Recherche etwas unzufrieden war (man hätte mehr daraus machen können), waren sie sich nicht zu fein dieses Thema mit dem Risiko von Verlusten bei der Auflage anzuschneiden. Das ist Mut, wurde aber nicht belohnt. Insofern ein großes Dankeschön an die “rund”-Redaktion und tschüss.

Jürgen Kalwa
31.05.2007

Manueller Trackback: […TAZ-Blogger Rob Alef (Volk ohne Raumdeckung) verbreitet soeben, was wohl schon seit ein paar Tagen kursiert: Die Sportzeitung namens Sportzeitung erscheine nach weniger als einem halben Jahr „in diesen Tagen vorerst zum letzten Mal“. Offiziell liegt das Projekt auf Eis, wie der Geschäftsführer vor ein paar Tagen dem Online-Mediendienst DWDL erklärte. Gesucht wird jemand mit Geld für „aktuelle Themen rund um den Sport“ (Selbstdarstellung)…]

Jürgen Kalwa
31.05.2007

Der Trackback geht zu http://american-arena.blogspot.com/2007/05/die-papierheimer-lernen-nur-langsam.html

Daniel Banzer
31.05.2007

Das Motto der 11 Freunde scheint mir zu lauten: “Wir sind ja ach sooooo intellektuell und interessieren uns dennoch für Fußball”.

Rund hat wenigstens mal ein paar heiße Eisen angefasst: Menschenhandel mit afrikanischen Spielern, Doping, die Macht der Spielerberater. 11 Freunde machen harmlose Stories. Die tun keinem weh. Hat es je etwas langweiligeres zu lesen gegeben als das Oliver-Kahn-Interview in der vorletzten Ausgabe?

methusalix
31.05.2007

He Clubberer, nochmal herzlichen Glückwunsch aber das ist doch ne verdeckte Ermittlung?Egal;jedenfalls haben sich 11Freunde schon im Zuge des Vor-WM-Jahres dem mainstream angepaßt, um RUND könnte es einem leid tun da sie inzwischen mit kritischen Berichten (Homophobie/Faschos etc) mit den 11 ebenso wetteiferten wie wohl erfolgsloser um Werbeaufträge für Drecksprodukte.
Außer dem indirekten Freistoß benötigt man den Tödlichen Paß & sonst nichts

zweitens-magazin.de » Fußball interessiert uns nicht
01.06.2007

[…] Vielleicht lesen die Deutschen aber auch gar nicht so gerne über Fußball, zumindest nicht so begeistert wie ihre europäischen Nachbarn. In Italien oder Spanien erscheinen täglich (!) mehrere Zeitungen zum Thema. Wer dort in ein Cafe geht, sieht die Leute Taktiken und Aufstellungen studieren bis hin zu Laufwegen einzelner Spieler. Hierzulande mussten Christoph Biermann und Oliver Fuchs noch 1999 in ihrem schönen Büchlein “Der Ball ist rund, damit das Spiel die Richtung ändern kann – Wie moderner Fußball funktioniert” grundlegende Techniken der Raumdeckung, des Verschiebens ohne Ball, ja generell die Prinzipien des Kampfes um den freien Raum erklären. Erst seit kurzem erwähnen Fußball-Moderatoren im Fernsehen, dass Mannschaftsaufstellung nicht gleichbedeutend mit Spieltaktik sei. (Nebenbei: Den schönsten Namen für ein Fußball-Blog trägt aus oben genannten Gründen (unterstelle ich mal) der taz-Blog “Volk ohne Raumdeckung“. Darüber werde ich mich in zehn Jahren noch freuen und von dort stammt auch der Hinweis auf den FD-Artikel). […]

Linksaussen
03.06.2007

@daniel banzer: die 11 freunde berichtet halt eher aus einem fan/ultra-blickwinkel über fußball und alles drumrum. daß manche themen nicht aufgegriffen werden, die in der rund thema war, liegt meiner vermutung nach an der fehlenden “infrastruktur”. die 11 freunde-redaktion rekrutierte sich aus bielefelder fanzine-kreisen, da dürfte die vernetzung ebenso wie der finanzielle hintergrund (wenn sich das seit der intro-übernahme auch eventuell gebessert hat) hinter der rund zurückstehen, da war eben der kicker im hintergrund.

nichtsdestotrotz hat auch die 11freunde genügend kritische artikel im heft, ich erinnere mich z.B. über einen über den “spielermarkt” (wortwörtlich zu nehmen) in brasilien. auch dort wurde juan figer schon beleuchtet, der in dem rund-artikel über spielerberater ja auch mehrmals erwähnt wurde.

ich lese die 11freunde sehr gerne und halte sie als ergänzung zur aktuellen sportberichterstattung für äußerst gelungen.

Daniel Banzer
04.06.2007

Ein kluger Kopf hat mal gesagt: Philipp Köster ist der Udo Lattek für Dreißigjährige.

Linksaussen
04.06.2007

ein kluger kopf. soso. vielleicht könnte der kluge kopf diesen absurden vergleich auch mal erläutern? so schön griffi die polemik auch klingen mag, substanz hör ich da nicht gerade läuten.

wenn deine 11freunde-sicht allerdings von einer persönlichen abneigung gegenüber köster geprägt ist, erübrigt sich jegliche diskussion.

Daniel Banzer
04.06.2007

Kenne ihn natürlich nicht persönlich. Aber Abneigung trifft es gut. Hege aber auch eine Abneigung gegen Mario Basler, Udo Lattek und Co. Und jetzt? Was ist damit bewiesen?

Diese angebliche Nähe zum Fan ist mittlerweile nur noch eine Attitüde. Und was hat das ganze mit Fußballkultur zu tun?

mikesh
05.06.2007

q.e.d.
😀

Daniel Banzer
06.06.2007

Nun, es ist ganz einfach so, dass ich deswegen gegen ihn eine Abneigung hege, weil er schlechten Journalismus betreibt. Das hat nichts mit persönlicher Abneigung zu tun.

Dabei habe ich mal Hoffnung in die 11 Freunde gesetzt. Dass die mal frischen Wind und neue Ideen in die Branche bringen. Inzwischen ist das aber genauso Mainstream wie vieles andere. Nostalgie verkauft als Nähe zum Fußball – von ganz wenigen Texten abgesehen. Und dieses widerliche Kulturgequatsche, nur weil die vielleicht mal drei Semester in Soziologie eingeschrieben waren.

Daniel
11.06.2007

Hallo zusammen!

interessante Diskussion, die ihr da führt. Ich für meinen Teil lese gerne 11Freunde und rund. Und mit Erschrecken habe ich über die Einstellung von rund gelesen. Ich persönlich finde die Magazine zwar ähnlich, aber eben auch nicht gleich und finde daher beide sehr gelungen und interessant.

Was mich interessieren würde ist, wie ihr zur Einstellung von rund steht? Und was ihr euch für ein kompetentes Fussballmagazin wünschen würdet?

Daniel Banzer
11.06.2007

Rund war großteils klasse. Vor allem, weil sie unangenehme Themen angepackt haben, wenn auch nicht immer rundum überzeugend. Dazu gab es Interviews, die von Fußballsachverstand geprägt waren.

Ich kann nicht verstehen, wie man Rund und 11 Freunde in einen Topf werfen kann.

Linksaussen
12.06.2007

aktuelles 11freunde-heft:

Jahrhundertmannschaften: Nottingham Forest 1979 – ein Aufsteiger erobert erst England und dann Europa

Licht aus in der 89. – Offenbachs Klaus Gerster über ein kurioses Aufstiegsfinale

25 Dinge: Bauerntricks, Bosman und die »Bongartz-Mark« – Skurriles über Transfers

Michael A. Roth über den Nürnberger Aufschwung und seinen Waffenschein

Das härteste Auswärtsspiel der Welt – Flamengo reist nach Bolivien in ein Stadion auf 4000 Metern Höhe

Kenianische Mädchen aus einem Heim in Nairobi
wollen Profis werden, um ihre Familien zu retten

Chronik eines angekündigten Todes – Leeds United ist pleite und steigt in die 3. Liga ab

nur, damit man hier mal weiß, worüber man redet.

Daniel Banzer
13.06.2007

Es kommt auf den Inhalt an, nicht auf das Inhaltsverzeichnis.

Jürgen
13.06.2007

@Daniel: Nicht ganz klar, wie dir die 11 Freunde mal auf den Schlips getreten sind. Aber dann werde doch mal konkret: Wo ist der schlechte Journalismus? Im neuen Heft ist ein großartiger Artikel über ein Auswärtsspiel in der Höhenluft- einen besseren Artikel habe ich seit langem nicht mehr gelesen. Das Gespräch mit Michael Roth ist ebenfalls hintergründig, witzig, erhellend. Und so geht das das ganze Heft… Aber du willst das gar nicht gelten lassen, habe ich den Eindruck.

Dazu passt, dass du verkündest, ein kluger Kopf habe mal Philipp Köster als Lattek für die Dreißigjährigen bezeichnet. Dieser kluge Kopf war niemand anders als Rainer Schäfer, Chefredakteur der RUND. Weiß ich noch, stand in einem FAZ-Interview. Aber das wusstest du natürlich auch…

Nun denn.

Linksaussen
13.06.2007

Keine Frage. Aber den kann man ja schlecht beurteilen, wenn man das Magazin allein aufgrund persönlicher Animositäten nicht liest, nicht wahr?

Die Reportage über das Spiel in Bolivien ist z.B. ausgezeichnet und hat mich das Höhen-Verbot der Fifa in einem anderen Licht sehen lassen.

die geschichte über nottingham forest z.B. ist sicherlich “nostalgie”, die du kritisiertest, aber nostalgie ist ein fester bestandteil des traditionsbesessenen fußballs.

und die geschichte über die kenianischen frauen ist auch “ein unangenehmes thema”.

dazu eine kolumne von christoph biermann über robert enke, um mal das fachliche anzusprechen.

ich will jetzt weißgott nicht den großen 11-freunde-fanatiker spielen. die haben auch (genug) schwächen und leerstellen, die die rund teilweise gefüllt, teilweise ergänzt hat, aber es ist nun wirklich nicht so, als hätte sich das rund zur 11freunde verhalten wie die faz/sz/taz/kicker zur heilbronner volksstimme/westfälische nachrichten/sportbild.

Daniel Banzer
14.06.2007

Die historisierenden Beiträge sind oft sehr nostalgisch und oft an der Grenze, daß es die “liebe, gute, alte Zeit” war, in der beschaulich nach dem Balll getreten wurde und der wirkliche Fußball erst mit der Erfindung der Viererkette (auf dem Platz, nicht im DSF-Studio) begonnen habe. Und das ist kompletter Quatsch.

Natürlich gibt es auch gute Texte in den 11 Freunden (die Kolumne von Biermann zählt nicht immer dazu). Aber die Interviews sind meist sterbenslangweilig, etwa das mit Oliver Kahn vor kurzem. Und Texte zu kritischen sind meist schlecht recherchiert.

Und zu meinem Vorwurf über das Attitüdenhafte: So wie Köster über Fußball redet, glaube ich, dass er noch gegen keinen Ball getreten hat, und ich glaube auch nicht, dass er allzu viel für dieses Spiel empfindet. Ich glaube diesem “Nostalgiker” nicht, dass er, so wie wir, als Kind Tränen vergossen hat, wenn sein Lieblingsverein wieder mal verlor.

Und Linksaussen, bitte kapier es doch endlich: Es ist keine persönliche Abneigung, ich kenne ihn doch nur aus dem Fernsehen und aus der Zeitung. Deine Entgegnungen sind ja schon unredlich.

Daniel Banzer
15.06.2007

Ergänzend zu Linksaussen: Wenn hier, in diesem Forum, jemand seine Abneigung gegen Johannes B. Kerner gestünde – würde man ihn deswegen als Kerner-Kritiker ablehnen?

UNRUND
16.06.2007

[…] Benne Ochs hat viele Fotos für die RUND gemacht, Cover, Aufmacher, kleine Schmuckbilder, es müssen hunderte sein. Viele Fotos davon sind gut; die meisten sind sehr gut. Dass ein Fotograf dieser Klasse für ein Fußballmagazin arbeitet, sagt viel aus über den Anspruch der Redaktion, eben nicht nur textlich, nicht nur faktisch. Ich mag das sehr. Aber vielleicht stimmt es ja, was man von jenen hört, die es immer besser wussten, denen der kicker genügt und das Internet, es mag stimmen, dass da kein Platz ist für ein Magazin, in dem Fußball mehr ist als nur rund. Vielleicht ist das so. Aber ich mag mich einfach nicht mit den Günther Kochs dieser Welt begnügen. […]

Daniel Banzer
16.06.2007

Über Fußball gut schreiben (und lesen) hat hier wohl keine Tradition. Vielleicht liegt es auch daran.

Daniel Banzer
21.06.2007

Hab mal in der aktuellen 11-Freunde-Ausgabe gelesen und muss mein Urteil differenzieren: Es sind ein paar gute Texte drin: Breuckmann, wenn auch etwas konfus, über die Kommerzialisierung des Fußballs. Der Text über die schwache Stimmung in der Allianz Arena (und das direkt neben der Anzeige der mit den Bayern werbenden Brauerei). Aber manche Sachen haben nicht mal das Niveau einer Schülerzeitung, etwa Philipp Kösters Ratschläge an die Gäste des ZDF-Sportstudios.

Linksaussen
22.06.2007

Ja, da gebe ich dir recht. Licht und Schatten gibts in jeder 11Freunde-Ausgabe (ich bin ja schon froh, daß die unsägliche Günter Hetzer-Kolumne abgeschafft wurde) und wenn Köster versucht, witzig zu sein, geht das selten gut.

Sehr witzig ist dafür in der Tat die von dir angesprochene Brauerei-Werbung: Ich müßte zuhause nochmal nachschauen, aber ich glaube, die haben bei sieben abgebildeten bayern-profis sage und schreibe vier abgänge erwischt. an heargreaves und brazzo kann ich mich noch erinnern.

Tobi
29.06.2007

Das Problem zB an 11Freunde ist denke ich, dass da eine gewisse Schwarz-Weiß/Gut-Böse Welt aufgebaut wird.
Die Fans sind natürlich immer die Guten und der Fußball an sich ja auch und England ja ohnehin das Paradies auf Erden. Die Verbände, die Sponsoren und im Zweifel auch die Vereine sind immer die Bösen. Zu einfach.
Driftet meiner Meinung nach zusehr in den Ultras Bereich ab.
Das muss man schon an die Artikel glauben um die gut zu finden.
Trotzdem ab und an immer mal wieder ein schöner dabei.

Magie und Wahnsinn

Möglicherweise haben wir uns ein klein wenig unbeliebt gemacht. Als Kristiansen das 3:2 schoß, sprang der Verfasser dieser Zeilen noch höher als Timo Hildebrand und hätte fast den von der Decke hängenden Beamer weggenietet. Die Stuttgarter Fans am Tisch dahinter waren auf einmal sehr still. Die sachkundige Begleiterin – die Tante des Verfassers, die beim letzten Pokalendspiel der Nürnberger 53 Jahre alt war – freute sich im Moment des vollkommenen Glücks eher still, hatte jedoch vorher keine Gelegenheit ausgelassen, Schiedsrichter Weiner ob der nicht gegebenen Roten Karte für F. Meira zu schmähen. Bis die Kaschemme unseres Vertrauens erreicht war, war ein langer Tag vergangen, der am Flughafen Tegel begann. Die Flugzeuge aus Nürnberg brachten die Clubfans in die Pokalmetropole. Sie teilten sich den Shuttle-Bus ebenso schiedlich-friedlich mit den Stuttgartern wie den Potsdamer Platz, die S-Bahn zum Olympiastadion, das Bier, die Zeltdächlein und die schmalen Brücken als der große, der sehr, sehr große Regen kam.

Eindrucksvoll war vor allem die kollektive und fraktale Vereinshistorie, die in den unzähligen Trikots erzählt wurde. Da gab es einen “Legat”(!) beim VfB ebenso wie einen “Störzenhofecker” beim Club, Balakovs und Köpkes, sogar trotzige Tomassons und in ernster Würde getragene Club-Trikots, die spontan und schmerzlich mit verschiedenen Abstiegen assoziiert werden konnten.

Wir hatten keine Karten, und erst als meine Tante in den ersten zehn Minuten unseres morgendlichen Zusammentreffens etwa zehn Mal gesagt hatte: “Laß uns versuchen, am Stadion welche zu bekommen,” war es beschlossen, dass wir uns in die Untiefen des Rot-Schwarz-Markts hineinbegeben würden. Wir fanden am Olympiastadion bald viele fränkische Fans, die ständig telefonierten, dicke Kartenbüschel aus den Hosentaschen holten und diese dann alsbald an freudig begrüßte andere Fans weitergaben. Die Stimmung war entspannt, und die Clubberer waren schon vorher leicht beschwipst nach dieser an Unglaublichkeiten nicht eben armen Saison. Wer hätte am 2. Februar 2007 gedacht, dass das 3:0 gegen Bayern am Ende nur eine hübsche Fußnote sein würde? Während die Stadionsprecherin die Gäste drinnen zum Frauenendspiel begrüßte, zog eine rabenschwarze Wand über dem Oval auf. Die Orkane, Taifune und Monsune kommen in Berlin immer aus dem Westen. Wir suchten Schutz am Bierstand und dann, nach den ersten wütenden Schauern auf einer Bank unter Bäumen. Ein schwerer Fehler. Eine Minute später war ich nass bis auf die Knochen. Meine Tante saß stoisch und trocken unter ihrem Schirm und sah zu, wie zehn Männer mit einem Bauchumfang von je zwei Metern unter einem Baum mit einem Stammumfang von dreißig Zentimetern Schutz suchten. Vergeblich. Bier hatte ihre wunderbaren Körper geformt und geformt, und in kürzester Zeit fiel auf die weißwurstweiß glänzenen Natursaitlinge soviel Wasser wie Bier in der abgelaufenen Saison in sie hineingekippt worden war.

Wir fragten uns: Welchen Einfluß hat der Regen auf die Kartenpreise? Eigentlich müßten sie ins Bodenlose fallen, denn jeder coole Spontanbesucher, der um 19.30 schnell mal noch ein Ticket hätte kaufen wollen, blieb jetzt zu Hause bei Frau und Kind und Plasmafernseher. Wir fanden einen, der 150 Euro für ein Ticket haben wollte. Für eine schwere Bronchitis war uns das zu viel. Im Fernsehen waren später freie Plätze zu sehen, vermutlich hatten sich die Tickets wenig später in wertlose Pulpe verwandelt. Plan K (Kaschemme) wurde eine realistische Option.

Dort angekommen, mußten wir feststellen, dass der fußballerische Nachwuchs bisweilen erhebliche Defizite aufweist, was sittlichen Ernst und innere Reife betrifft. Meine Tante hatte zwar ihr Clubtrikot in ihrer Handtasche dabei, zog es aber nicht an, weil wir nicht im Stadion waren. Das war auch besser so, denn das sehr jugendliche Publikum reagierte unsouverän, als wir uns anschickten, den Fußballabend unseres Lebens zu zelebrieren. Unseres bisherigen Lebens, denn der am Stadion unablässig besungene “Urrobbabogahl, Urrobabogahl” und eine neue Saison sind ja nur wenige Monate entfernt. Die Kneipe verspricht Fußball und Rock’n Roll, aber als eine echte Rock’n Rollerin über die Schwelle trat, verdrückten sich die Leute zum Tischfußball. Merkwürdig war auch, dass wir die einzigen Clubberer waren. Hatte nicht der VfB den ortsansässigen Verein im Viertelfinale ohne große Gegenwehr verputzt? Hatte nicht Hans Meyer Hertha vor dem Abstieg bewahrt? Nun gut, es war ja auch Karneval der Kulturen an diesem Abend. Also saßen wir mit einer Handvoll indigener Spätzles im Rücken vor der Leinwand, mit scheelen Blicken bedacht von Leuten, die ihr Bill-Shankly-T-Shirt noch von Mutti bügeln lassen.

Dann ging es los, und man kann nicht umhin, Timo Hildebrand beizupflichten. Das Einzige, was nicht grandios war beim denkwürdigsten Finale seit weiland Köln gegen Gladbach, war Schiedsrichter Weiner. Ob es ein Elfer für Stuttgart war, habe ich auch nach vielen Zeitlupen und Kameraeinstellungen nicht gesehen, beschweren können hätten sich die Nürnberger darüber nicht. Rot für Cacau war sehr hart, aber bei Tätlichkeiten gibt es nun mal kein Vertun. Gelb für Meira war eine Gnadenentscheidung. Ohne die Karte für Cacau wäre Meira wahrscheinlich vom Platz gegangen. Rot hätte Weiner auch geben können für Schäfer in der 80. Minute. Lehmann mußte für eine ähnliche Aktion im CL-Finale vom Platz letztes Jahr, auch Schäfer war letzter Mann. Dann wäre Klewer gekommen, der hätte gehalten, und es hätte keine Verlängerung gegeben. Interessant ist auch die Frage, wie das Spiel mit Cacau und mit Mintal weitergelaufen wäre. Nikl war in der Innenverteidigung gegen Cacau deutlich überfordert. Warum der schnelle Spiranovic nicht von Anfang an spielte, bleibt Meyers Geheimnis. Andererseits, dieser Mintal: zwei Jahre verletzt, macht das 1:0 in Hannover, macht das 1:1 gegen Stuttgart. Man mag sich gar nicht vorstellen, was passiert, wenn dieser Ausnahmespieler vielleicht mal zwanzig oder gar dreißig Spiele in einer Saison macht. Der zurecht hoch gelobte Diego machte 13 Tore, Mintal 25. Nürnberg spielte ab der 30. Minute endgültig mit einer Notelf: ohne Glauber, Vittek, Mnari, Mintal, mit einem lädierten Saenko und einem Polak, der glücklicherweise gelernt hat, seine Nerven zu zügeln und wie immer gut ins Spiel fand. Meira, einer der fairsten Innenverteidiger der Liga, war übrigens untröstlich und beging in den restlichen 90 Minuten kein einziges Foul mehr, das sollte man auch erwähnen.

Wie gut die Stuttgarter trotz Unterzahl waren, zeigt der Umstand, dass kein Nürnberger auf die Idee kam, ihnen nach der Niederlage ein “Ihr seid Meister, keiner weiß warum.” hinterher zu singen, was sich ja anbieten würde. Jeder konnte sehen, warum sie Meister sind: Sie haben die technischen und taktischen Mittel, über die volle Distanz nach vorne zu spielen, sie sind großartig, wenn es darum geht, in ein Spiel zurückzukommen, sie haben außergewöhnliche Spieler, ohne dauernd von Leadership, Alphatieren und solchem Quark zu faseln: Khedira, Hitzlsperger, Hilbert und Meira. In diesem Endspiel trafen zwei der drei spielstärksten Mannschaften der vergangenen Saison aufeinander, das war zu sehen. Dass es nicht nur ein verdienter Sieg der Nürnberger, sondern auch ein Spiel war, das Maßstäbe gesetzt hat, macht den Gewinn des Pokals noch schöner.

Mein Spieler des Spiels war einmal mehr Andy Wolf. Er war bis auf den Ausrutscher vor dem 1:0 souverän und er bereitete das 3:2 vor. Holte sich den Ball am eigenen Strafraum, verlor ihn beinahe zweimal, ließ sich nicht beirren , nahm Fahrt auf und fand, wie bei seinem Lauf nach vorne vor dem 2:0 gegen die Bayern, den passend postierten Mitspieler. Die Szene des Spiels. Aus dem unbeholfenen Kanten ist ein kluger und moderner Innenverteidiger geworden. Wolfs Entwicklung steht für den Schritt, den der ganze Verein in den letzten zwölf Monaten gemacht hat.

Beim letzten Finale 1982 war ich in den USA und mußte mir das Ergebnis aus den vermischten Sportergebnissen des “San Francisco Chronicle” rauspulen, irgendwo zwischen Sumoringen, Amateurbaseball und Golf. Man fügte sich ergeben in sein Schicksal, der Club war eine Mannschaft, von der man wußte, dass eine 2:0-Halbzeitführung nichts zu bedeuten hat. Der Club war ein Depp und einige Abstiege später wurde das zum geflügelten Wort in Franken. Heute ist der Club kein Depp mehr. Gehen Sie mal davon aus, dass es nicht wieder 25 Jahre dauert, bis der 1. FC Nürnberg um einen Titel spielt. Meine Tante und ich freuen uns schon.

Kommentare zu “Magie und Wahnsinn” (5)

newskick.de
28.05.2007

Magie und Wahnsinn…

Welchen Einfluß hat der Regen auf die Kartenpreise? Dieser und anderen Fragen wird im taz-Blog nachgegangen….

Piero Glina
29.05.2007

»Meira, einer der fairsten Innenverteidiger der Liga, war übrigens untröstlich und beging in den restlichen 90 Minuten kein einziges Foul mehr, das sollte man auch erwähnen.«

Das ist ja mal kompletter Quatsch. Wenn Meira auch nur einen Nürnberger schief angeschaut hätte, wäre er sofort mit Gelbrot vom Platz geflogen. Das wussten er und Weiner, der nur Schiss hatte, Meira direkt nach Cacau vom Platz zu stellen. Meira aber nun als fairen Spieler darzustellen, der sich für sein brutales Foul schämt, halte ich für sehr weit hergeholt!

PaterRik
29.05.2007

Meira ist mit 5! Gelben Karten (0 Gelb-Rot, 0 Rot) schlicht und einfach einer der Fairsten Innenverteidiger der Liga PUNKT (A. Wolf hat hingegen 14! Stück aber das nur am Rande…). Außerdem hat er sich nach dem Spiel lange und ausführlich bei Mintal entschuldigt.

greez P.Rik

Dirk Winkelmann
31.05.2007

Hallo Herr oder Frau newskick.de,
im Gesamtkontext des Artikels “Magie und Wahnsinn” finde ich es schon überlegenswert, welchen Einfluß der Regen auf die Kartenpreise hat.
Es amüsiert jedenfalls mehr, als Piero Glinas Theorie, Herr Meira sei ein unfairer Innenverteidiger. Natürlich war der Einstieg Meiras gegen Mintal maßlos übertrieben und glatt rot. Doch den Spieler ob einer einzigen, unbedachten Aktion als nicht fairen Sportkameraden darzustellen, ist doch wohl so, als würde man Oliver Pocher wegen einer einzigen, unbedacht genialen Pointe vom Komödianten zum Kabarettisten machen.
In diesem Sinne: Halten wir den Ball doch einfach etwas flacher.

Piero Glina
03.06.2007

Meira spielt einfach beim falschen Verein 😉

Wechselstrom Milvus milvus/migrans gegen Fedora Core Leberschwimmbecken 2:1

Das war eine wahrhaft europäische Nacht in der Kaschemme meines Vertrauens, 98% waren für Liver-pool (auch die Kalauer hier haben europäisches Niveau), die drei Fans von Milan (milvus = rot, migrans = schwarz) saßen an meinem Tisch respektive ich an dem ihren. Ein Italiener, der lange in England gelebt hatte und dort Liverpoolfan war, ein glaube ich Schweizer, der sich Liverpool gewünscht hätte, aber Milan dann doch besser fand und eine Engländerin, die abwechselnd mit “Forza Milan” und “Let’s go Liver” beide Teams anfeuerte, obwohl sie eigentlich Chelseafan war und aus Bristol kam. Französisch und Deutsch sprachen sie alle auch, vielleicht auch noch Sprachen, die an diesem Abend nicht benötigt wurden. Eine würdige Tischgesellschaft für diesen Abend.

War es ein großes Spiel? Ich meine, das CL-Finale ist immer ein großes Spiel, ein must-see, eine Standortbestimmung des europäischen Fußballs. Zwei unspektakuläre Kleinigkeiten entschieden das Spiel. Ein verlorener Zweikampf in der ersten Hälfte, als ein weißer Rossoneri einem roten Liverpooler den Ball in der eigenen Hälfte wegstibitzte. Zwei Pässe später dann das Foul und der Freistoß zum 1:0. Das Foul kann man geben, muß man nicht. Wenn man sieht, was Fandel vor allem in Hälfte Zwei alles hat laufen lassen, eine viel zu harte Entscheidung. Sonst war der Mann aus Kyllburg, das übrigens im Eifelkreis Bitburg-Prüm liegt, ein sehr guter Schiri.

Die zweite entscheidende Szen: der Paß zu Kaka in der zweiten Halbzeit. Nein, nicht der von Kaka zu Inzaghi. Auf den immer am Abseits vor sich hinhechelnden Super-Pippo durchzustecken ist eigentlich gar nicht so schwer, der Paß zu Kaka genau vorher. Ein Zwilling des Passes von Andrea Pirlo vor dem 1:0 gegen Deutschland im Halbfinale, wir erinnern uns. Alles scheint gedeckt, es scheint keine Gefahr zu drohen. Und plötzlich, mit einer minimalistischen Geste wird die Achse des Spiels augehebelt, wird Kaka ins Spiel gebracht und das Loch in der Abwehr wird zum Schlund, zum Abgrund, zum verdienten 2:0. Tor im Harem des Archimedes.

“Up the floor, up the floor”, rief meine Tischnachbarin ebenfalls, wenn einer am Boden lag. Das elend sinnlose sich wälzen wird nicht geduldet in Bristol und überhaupt. Die Mutter aller Schwalben, Inzaghi, war diesmal Spieler des Spiels. Ich mag ihn, obwohl er so eine unglaubliche Nervensäge ist. Sein großer Auftritt mit Ball-ins-Gemächt war ebenso unsterblich wie seine beiden Tore. Vor allem das erste: ein Jab wie von Muhammed Ali, kaum zu sehen mit dem bloßen Auge. Wehleidig, theatralisch, eiskalt, taktisch ausgebufft besitzt er alle Fähigkeiten, die den italienischen Fußball zu dem machen, was er ist.

Der andere Man of the Match war für mich Steven Gerrard. Kriegt in der zweiten Halbzeit einen Ball an den Arm geschossen und anstatt sich durchzumogeln bricht er ab, weil er weiß, dass es Handspiel war. What a great guy. Wäre die englische Nati – um das mal europäisch zu formulieren – nicht so hochgradig neurotisch, Gerrard könnte der Spieler der EM 2008 werden. Der europäische Thron ist verwaist seit Zizou nicht mehr spielt, Gerrard wäre einer der Nachfolgekandidaten.

Verdient verlor Liverpool, weil eben jener Gerrard nicht das 1:1 machte wie das 1:3 vor zwei Jahren. Verdient auch, weil sie die Schnitzer in Milans Abwehr (Maldini !!) vor dem 1:0 nicht nutzen konnten, weil sie Crouch zu spät brachten, weil sie jenen kleinen Ballverlust vor dem 1:0 hatten.

Fedora Core ist eine Linux-Distribution von Red Hat.

Kommentare zu “Wechselstrom Milvus milvus/migrans gegen Fedora Core Leberschwimmbecken 2:1” (2)

Heinz Wäscher
27.05.2007

Herr Alef, was ist los? Ins Dauerkoma gefallen nach überhöhtem Alkoholkonsum am gestrigen Abend? Spontan nach Nürnberg gefahren? Oder von Nürnbergern, die ihre Wohnung als Lagerstätte benutzt haben, in den Wahnsinn getrieben? Bitte berichten Sie uns vom größten Tag in Ihrem bisherigen Vereinsleben.

Christian
29.05.2007

für mich ja ein seltsames Spiel, weil meine beiden ausländischen lieblingsmannschaften gegeneinander spielten. auf eine seltsame, bizarre art ein verdienter sieg von Milan, auch wenn die erste hälfte klar an Liverpool ging. ansonsten war es wieder einmal faszinierend zuzusehen, wie geschickt trainer gezielt das spiel des anderen unterbinden können. Benitez ist in seinem gefühl für defensiven fußball wohl zur zeit unübertroffen – und das meine ich ganz explizit als lob. gerade wenn man sieht, wie unmöglich es Bayern München oder Manchester United zuvor war, Pirlo & Kaka aus dem spiel zu nehmen, wird einem die leistung von Mascherano et al erst deutlich.
umso schöner dann für den fußball, dass ausgerechnet eben doch Kaka das spiel mit diesem einen geniestreich entschied. es ist ein bisschen wie mit Frankreich vor fast zehn jahren: du kannst machen, was du willst, aber irgendwann ist die eine sekunde gekommen, in der Zidane eben doch den Pass spielt, den Schuß abgibt, der dich ausknockt – wie schlecht die mannschaft bis dahin auch gespielt haben mag, wie sehr all ihre Kreativität ausgeschlossen wurde.
und zu Steven Gerrard: ja, vom Vermögen her vielleicht sogar der kompletteste Spieler auf der Welt. und normalerweise (mit ausnahme der länderspiele) eben auch einer, der gerade in den großen Spielen da ist, im Grunde Liverpool ist. der letzte Champions League Sieg, das war Gerrards Sieg. man würde es ihm wünschen, dass er England wirklich zum nächsten Titel führt – aber vielleicht muss England wirklich den Mut haben und mit Gerrard den Overath machen, ihm die Hoheit im Mittelfeld übergeben und Kollegen Lampard zur Ersatzmaus zu degradieren. Von Herrn Beckham ganz zu schweigen, denn wenn Englands Hoffnung wirklich an Beckham hängt, dann können die guten auch 2008 abhaken. Die rückholaktion erinnert mich mit graus an 2000, Matthäus, Ribbeck.