quasi una fantasia

Samstag 29. Oktober, 14.43 Uhr. In der dramatischen Zweitligapartie in Dresden zwischen Dynamo und dem Karlsruher SC steht es nach 88 Minuten 2-2. Zweimal war der KSC in Führung gegangen, zweimal hat Dynamo ausgeglichen. Jetzt gibt es Abstoß für die Gastgeber, doch anstatt den Ball präzise einem Stürmer aufzulegen, winkt Torwart Hesl kurz in die Kurve und drischt den Ball zum 3-2-Endstand für den KSC in Netz. Auf der anschließenden Pressekonferenz erklärt Kapitän Christian Fiel, dies sei eine abgestimmte Aktion der Mannschaft gewesen, um zu zeigen, wie es sich anfühlt, wenn man von den eigenen Leuten Woche für Woche sabotiert wird.

Natürlich wird es so nicht kommen. Natürlich küßt der mündige Spieler heute ebenso eifrig das Trikot des Vereins wie den Arsch der Leute, die den Sport kaputt machen. Schließlich sind die Rangen auf die Rängen und die Recken auf dem Rasen eine große Familie. Und über die ritualisierten Gewaltaktionen und Hassattacken spricht man beim Familientreff genauso wenig wie unterm Weihnachtsbaum darüber, dass Onkel Herbert seine Frau schlägt.

Minimalkonsens in der Bearbeitung dieses Problems ist die Phrase von den „paar Idioten“, die man leider nicht kontrollieren könne. Was für ein verlogener Schwachsinn. Im Frühjahr diesen Jahres haben eine Million Menschen tagelang, wochenlang in Kairo demonstriert, ohne dass ein einziger Böller abgefeuert worden wäre. Warum? Weil sie es nicht wollten. Weil jede soziale Gruppe vollkommen problemlos in der Lage ist, Standards zu vereinbaren und diese einzuhalten. Die Prügler und Zündler in Dresden und anderswo können sich der uneingeschränkten Komplizenschaft ihrer unmittelbaren Umgebung sicher sein.

Ob Dresden, Cottbus, Frankfurt, München: Leute, denen kein Weg zu weit ist, um einem gegnerischen Fan das Trikot zu stehlen oder ihm die Fresse zu polieren, stehen da wie die ABC-Schützen, wenn in Armesweite lebensgefährliche Aktionen durchgeführt werden. Und die Gladiatoren spielen mit, spielen ihren Part und sagen nach dem Abpfiff kopfschüttelnd: Das hat mit Fußball nichts mehr zu tun.

Pele Wollitz hat mir gefallen, in der letzten Saison, als er die eigenen Fans beschimpfte und mit Rücktritt drohte. Aber bei den Dresdner Dumpfbacken ist es mit Drohungen nicht mehr getan. Die wahren Fans müssen begreifen, dass sie verlieren werden, wenn sie diese Aktionen weiterhin dulden. Immerzu verlieren. Und wer könnte ihnen diese Lektion nachhaltiger vermitteln als die eigenen Spieler.

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