Saisonvorschau – Helter oder Skelter: HSV, Gladbach, Hannover, Nürnberg

Platz 7 und drei Punkte Rückstand auf Platz 6. Dass der HSV sich nach der letzten Saison auf dem Weg in die Europa League wähnt, ist keine Überraschung. Mir kommt das überzogen vor. Zum einen drängen von hinten Mannschaften, die letzte Saison phasenweise neben sich standen (Wolfsburg, Mainz, Stuttgart, Hoffenheim) zum anderen haben die 51 Punkte, die Frankfurt 2013 holte, selten genug für den sechsten Platz gereicht. 2010 hatte Stuttgart 55 Punkte, 2011 Mainz 58 Punkte, 2012 Stuttgart 53 Punkte. Mit Son ist der beste Stürmer weg, Anspruchsdenken und Möglichkeiten klaffen zu weit auseinander, um noch weiter nach oben zu kommen. Im Führungsgremium gibt es wenigstens eine notorische Petze, die die Frage aufwirft, ob sich an der Elbe die Illuminati breit gemacht haben. Mehr als Platz 7 ist auch diesmal nicht drin, trotz van der Vaart und Adler. Es sei denn, Rudnevs explodiert in dieser Saison, wie er angekündigt hat.

Gladbach hat im Pokal gleich mal einen Schuß vor den Bug bekommen. Die Botschaft ist deutlich: Lässig wird nicht reichen. Mit einem Auftakt gegen Bayern, Hannover und Leverkusen könnte sich die eine oder andere Enttäuschung nahtlos anschließen.  Was für Gladbach spricht, ist die eingespielte Defensive, die Verpflichtung von Kruse und das hohe Ansehen von Trainer Favre. Aber auch für die Borussia vom Niederrhein wird es eng beim Angriff auf die internationalen Plätze. Insofern ist es gleich doppelt blöd, dass man den Pokal als Qualifikationsweg für Europa hergeschenkt hat. Gladbach hat seit dem hauchdünnen Erfolg in der Relegation zwei nahezu optimale Jahre erlebt. Platz 8 vom letzten Jahr war nach dem Weggang von Reus und Dante fast schon sensationell. Jetzt beginnen die Mühen der (Hoch-)ebene, die irgendwo zwischen Platz 6 und Platz 10 liegt.

Martin Kind hat für Hannover irgendwo „zwischen Platz 3 und 6“ als Saisonziel ausgegeben. Ähnlich wie beim HSV kommt mir das sehr ambitioniert vor. Mit Abdellaoue ist ein guter Stürmer weg, mit Schmadtke der überdurchschnittlich gute Manager, dessen Handschrift man bei Köln schon sehen kann. Diouf kann sensationell werden, wenn er sich bis zum 31.8. nicht noch anders überlegt. Weiter nach oben zu kommen, läßt sich in jedem Fall nicht im Hurrastil der vergangenen Jahre bewerkstelligen. In der Europa League hat 96 traumhaft schöne und mutige Spiele abgeliefert, aber die kommende Saison wird ähnlich zäh wie das Pokalspiel gegen Viktoria Hamburg. Kann sein, dass Slomka ohne seinen Gegenspieler Schmadtke die Mannschaft wieder mehr beflügelt, aber es wird ein großes Gedränge geben zwischen Platz 5 und 15.

Der Club ist zwar schon wieder im Pokal ausgeschieden, trotzdem traue ich der Mannschaft die beste Saison seit dem Pokalsieg 2007 zu. Zwar sind Klose und Simons weg, und der sichere Elfmeterschütze Simons hat gegen Sandhausen gefehlt. Genauso wie Gebhardt und Pinola als Schützen gefehlt haben. Letzterer musste wegen Entkräftung leider sieben Minuten zu früh vom Platz. Aber der Club hat gegen Sandhausen nicht wegen der löchrigen Defensive verloren, sondern weil er seine spielerischen (und kämpferischen) Möglichkeiten zu halbherzig einsetzte. Der Club ist mittlerweile in der Lage, gegen jede Mannschaft in der Liga das Spiel zu machen. Wenn er das nicht tut, wird er alles verlieren. Bis auf die beiden Abgänge ist die Mannschaft beisammen geblieben, mit Pogatetz und Ginczek hat er zwei Sofortverstärkungen geholt, hinzu kommen die Langzeitverletzten Hlousek und Gebhardt als Quasi-Neuzugänge. Dass Mintal jetzt Co-Trainer ist, hat mehr als nur sentimentale Bedeutung. Er ist der Spieler, der beim Club in den letzten zehn Jahren den Unterschied gemacht hat und kann die Mannschaft nochmal einige Prozent besser machen. Der Club hat alles, was es braucht, um eine Saison am oberen Limit zu spielen: Routine (Feulner, Schäfer, Nilsson) und Jugend (Stark, Plattenhardt, Mendler), Biss (Gebhardt, Pogatetz, Balitsch) und Esprit (Kiyotake, Mak, Frantz). Mit Ginczek und Esswein hat er endlich zwei torgefährliche Stürmer. Wenn das Umfeld die Ruhe bewahrt und sich auch durch einen mäßigen Start nicht irritieren läßt, kann der Club da landen, wo die drei Mannschaften gerne hinwollen, die letzte Saison vor ihm standen.

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