Hoeneß und die Nebenstrafe

Wie tief Uli Hoeneß gesunken ist, macht nichts besser deutlich als die pausenlosen Solidaritätsbekundungen von Christoph Daum, die in der Aussage gipfeln, er wisse genau, was in Herrn Hoeneß jetzt vorgehe. Man stelle sich vor, Frau Hoeneß, die mehrmals am Tag Christoph Daum am Telefon abwimmeln muss. Daum sagt: Wenn Herr Hoeneß jemand braucht, mit dem er über alles reden möchte, ich bin da. Ich stehe vor ihrer Tür. Ich bin der Mann mit dem übergrillten Solariumsgesicht und dem Schnauzbart. Nein, ich will Herrn Hoeneß keine Finanzprodukte verkaufen, ich will reden. Von Mann zu Mann. Von gefallener sportlicher Spitzenpersönlichkeit zu gefallenem Wurtstfabrikant.

Oder: Wenn Herr Hoeneß jemand braucht, der in der Bild-Zeitung seine sportlichen Leistungen heraushebt, ich könnte das machen. gerne mehrmals pro Woche. Gerne auch nach inhaltlicher Absprache. Und dann natürlich auch noch die Postkarten: Halte durch, Herr Hoeneß. Unkraut vergeht geht nicht. Ob Kokser oder Zocker, wir ziehen das Ding gemeinsam durch. Mit lustigen Tierbildern: zwei Wildschweine in der Suhle, oder zwei Katzenbabys, die mit einem viel zu großen Fußball spielen.

Im Gefängnis dann kommt der Schließer und sagt betreten: Sie haben schon wieder Besuch. Hoeneß blickt von seiner Lektüre auf, Adam Smith, The Wealth of Nations oder vielleicht was von Ulrich Wickert, seufzt und sagt: Lassen Sie mich raten. Der Schließer nickt stumm: Er sagt, er wisse genau, was in Ihnen vorgeht. Wenn Hoeneß seine Strafe verbüßt hat, erscheint kurze Zeit darauf Daums Buch „Deuchtgebiete. Meine Zeit mit Uli Hoeneß“, worin es heißt: Mich deucht, die innere Verbindung zwischen zwei Männern kann auch ohne viele Worte wachsen, vor allem, wenn sie so viel hinter- und hochgezogen haben wie Herr Hoeneß und ich.

Ich sage nicht, dass Uli Hoeneß derartige Solidaritätsbekundungen nicht verdient hat, aber eine Nebenstrafe wie Christoph Daum wäre wohl auch einem strengeren Richter als dem Vorsitzenden Heindl nicht ohne weiteres eingefallen.

Einmal Blinzeln und wieder sind drei Trainer weg

Unverschämtheit. Voll rücksichtslos, diese Personalpolitik. Was wird jetzt aus meinen wunderschönen Skibbe-Glossen? Plötzlich ist da jetzt dieser Daum und…Moment…vielleicht wendet sich ja doch alles zum Guten. Eine von  den Daum-Glossen im Archiv wird bestimmt noch verwertbar sein. Jetzt fehlen noch Bernd Schuster, Klaus Toppmöller, Jürgen Röber und natürlich Peter Neururer. Und für Lodda wird es auch langsam Zeit.

Wenn der Postmann nicht mehr klüngelt

Das zur Zeit interessanteste Umbauprojekt in der Bundesliga findet vermutlich am Rhein statt. Der 1. FC Köln, altbewährte Skandal-, Ulk- und Mediennudel ist dabei, sich neu zu erfinden, Köln 2.0 gewissermaßen, aber keineswegs 2. FC Köln. Von Daum zu Finke, radikaler könnte die Neuausrichtung nicht sein beim obersten sportlichen Repräsentanten des Vereins. Nicht, dass Daum ein schlechter Trainer ist, aber für die stetig moussierende Kölner Seele ist der grundsolide Finke, der auch in Japan längerfristig am Werk war, die bessere Ergänzung als der Brausekopf Daum. Für den ebenfalls bodenständigen Soldo war der ganz normale Wahnsinn in Colonia Mania-Depressiva als Auftakt seiner Trainerkarriere zu schwierig. Finke ist beides, ein guter Außendarsteller und ein grundsolider Arbeiter, der ein Konzept reinbringen kann.

Fußballlehrer Schaefer kommt, wie einige andere, die später sehr erfolgreich wurden, aus dem Verein. Er wirkt nicht unbedingt so, als sei geschmeidiger Umgang mit den Medien sein Alleinstellungsmerkmal gewesen, als er gekürt wurde. Ein wenig erinnert er an Gerland, kein Wort zu viel, knorrig, sachlich, ruhig –  einer von den Typen, bei denen man sich gut vorstellen kann, dass sie in Laufkleidung auf die Welt gekommen sind und die Hebamme sagte: Es ist ein Trainer. Mit Schaefer spielt der EffCee wieder ansehnlicher, strukturierter, offensiver. Unter Soldo sah das manchmal aus wie Energie Cottbus, bevor Wollitz in die Lausitz kam. An der besseren Spielanlage ändert auch der Katastrophenkick gegen Duisburg  im Pokal nichts.

Wenn Overlord Overath es schafft, sich zurückzunehmen, dann werden sich die Kölner sehr bald aus dem Abstiegskampf verabschieden und mittelfristig eine Entwicklung wie Frankfurt (mit Bruchhagen) und Hannover (mit Schmadtke) oder Freiburg nehmen. Wenn Prinz Poldi wirklich Kapitän wird, kann das dem Neuaufbau nur gut tun. Wir sehen wir ihn dann in Zukunft als Führungsspieler in seiner neuer Rolle als Lukas, den Lokomotivführer.