Alles ist möglich

Ein Kumpel von mir, einer der beiden, die das dramatische Finale im Parkstadion im Mai 2001 mit mir erlebt haben, schrieb mir vor ein paar Tagen eine SMS. Wie wir denn mit der Situation am letzten Spieltag umgehen würden. Als hoffnungsloser Optimist schrieb ich ihm: Der Club verliert sechsnull und Schalke sichert Platz 3. Nach dem Zombieauftritt gegen Hannover wäre der Club mit einem solchen Ergebnis gut bedient, könnte sich mit nicht mehr als drei Gegentoren pro Halbzeit gleich eine solide moralische Basis für den Wiederaufstieg schaffen.

Andererseits: Es ist der letzte Spieltag. An einem letzten Spieltag kann alles passieren. Noch ist nichts entschieden. Natürlich kann Nürnberg auf Schalke unentschieden spielen, während der HSV in Mainz 0-8 verliert. Natürlich kann der Club durch ein Eigentor von Draxler in der vierten Minute der Nachspielzeit gewinnen,  während der HSV einen Zwei-Tore-Vorsprung binnen vier Minuten verspielt.

Warum muss ich bei Braunschweig plötzlich an die FDP denken? Weil sie auch in blau-gelb auftritt und nichts für sich ins Feld führen kann als den Niedlichkeitsfaktor? Wer gegen Augsburg so verliert, ist mindestens der Vizedepp in dieser Liga. Vielleicht schaffen Planlos Ratlos und Harmlos trotzdem die Relegation, aber dieses Authentizitätsgetue  von Lieberknecht reicht langsam.

Kann natürlich auch sein, dass der Club doch absteigt. Eine rechnerische Chance besteht. Aber dann spielen wir nächste Saison gegen Pauli und Union statt gegen Hoffenheim und Wolfsburg. Und vielleicht ja auch gegen Fürth. Es gäbe Schlimmeres.

Jeder gegen jeden

Heißa, das ist fürwahr ein fürstlicher Abstiegskampf. Es wird immer enger, an jedem Spieltag wechseln die Vereine auf den Abstiegsplätzen. Selbst für den Elften Frankfurt ist theoretisch noch der Relegationsplatz drin. Und mittendrin der Club. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wie diese Rückrunde ohne Verletzungsserie weitergegangen wäre, aber schade ist es schon um das Duo Ginczek /Drmic. Die waren eine echte Waffe, dazu das Laufwunder Chandler, das Kopfballungeheuer Nilsson und der große Steuermann Hasebe. Egal, müssen eben die Wolfsburger dran glauben, nächste Woche. Irgendwie. Bei Hecking haben wir noch was gut.

Sauspannend ist es, und plötzlich, seit Jahren zum ersten Mal wieder, fängt die Rechnerei an: Wie müssen die anderen spielen, damit der Club überm Strich steht? Man stelle sich vor, dieser 29. sei der letzte Spieltag gewesen, und Freiburg macht noch das 1-1 in Stuttgart, dann steht der Club, obwohl Verlierer, auf dem Relegationsplatz, nicht der VfB, ätsch. Aber noch ist es nicht so weit. Noch fünfmal Haare raufen, Radio hören, Torverhältnisse memorieren, Schiedsrichter verfluchen, eigene Spieler verfluchen, das Universum verfluchen.

Zur großen Freude aller, die auch unten drin hängen, spielen die Wettbewerbsverzerrer aus der Säbener Straße noch gegen Bremen, Stuttgart, Braunschweig und den HSV. Wäre echt super für Freiburg, Hannover, Nürnberg und Frankfurt, wenn die Bayern diese Spiele so abschenken wie das in Augsburg. Pups Gardiola sagt ganz offen: „Die Bundesliga ist für uns vorbei“. Ist halt ein Tschentelmän der alten Schule. Oder meint er Uli damit Uli Hoeneß? Vielleicht verletzt sich ja Neuer noch, dann kann der Münchner Überungsleiter die ganzen Amateurtorhüter reinrotieren lassen.

Schade ist’s um Hyypiä, toller Mensch blablubb, Tante Käthe, was biste für ne alte Schwatzbase geworden.

Grandseigneur und Gummiball

Jemand hätte Verbeek ja mal briefen können, was ihn ihn Freiburg erwartet. Dann wäre Gertjan, der Graue nicht aus allen Wolken gefallen, dass der Freiburger Trainer sich benimmt wie ein Hobbit auf Speed, wenn ihm einer das Essen streitig macht. So wirkte Verbeek wie der typische schlechte Verlierer, als er sich über das überkandidelte Coachen von Streich beschwerte. Dabei tut der nichts, der will nur spielen. Am liebsten offensiv. Den Grandseigneur und den Gumiball trennen Welten, leider in der Tabelle jetzt auch wieder drei Punkte.

Verbeek hat es immerhin geschafft, dem Club die Unentschieden abzugewöhnen. Gab es davon in der Hinrunde noch elf, steht in der Rückrunde kein einziges zu Buche. Fünf Siege und sechs Niederlagen haben schon vier Punkte mehr beschert als in der Hinrunde, trotzdem frage ich mich, gegen wen Verbeek die drei Siege holen will, die er nach seiner Rechnung noch braucht. In Mainz ist nicht unbedingt mit Punkten zu rechnen, Schalke wird bis zum Schluß um Platz zwei kämpfen, Wolfsburg tummelt sich mittlerweile in der Nähe der Champions League. Bleiben Hannover, Gladbach und die kriselnden Leverkusener. Wobei drei Siege in drei Heimspielen, das ist auch nicht wirklich realistisch.

Es ist so saumäßig eng da unten, so eng wie 1999 nicht mehr. Es kann wieder eine Frage der Tordifferenz werden. Ich bereue diese Liebe nicht, aber wer bezahlt mir nach Saisonende die Therapie?