Horst, du fehlst uns so

Eigentlich ist jeder ersetzbar in Joachim Löws Team, nur einer nicht – Horst Köhler. Die Nachricht von seinem Rücktritt hinterließ einen völlig ratlosen Bundestrainer: „Seit langer Zeit wieder einmal ein Bundespräsident, der beidfüßig ist. Das tut im wahrsten Sinne des Wortes doppelt weh“, erklärte Joachim Löw auf einer eilends anberaumten Pressekonferenz.

Es ist ein offenes Geheimnis. Der Schwur in der Kabine vor jedem Spiel hieß seit der Wahl Köhlers zum Bundespräsidenten 2004: „Fürderhin für Hotte für Schland“. Köhler ging damit nicht hausieren, aber er war ein Taktikguru. Die Idee, 2008 im Viertelfinale gegen Portugal mit Rolfes und Hitzlsperger als Doppelsechs zu beginnen, wurde im Schloß Bellevue geboren.

Die Aussicht von Köhler persönlich am 11. Juli lobend ins Ohr gekniffen zu werden, hätte vor allem bei vielen jungen Spielern die entscheidenen paar Prozent rauskitzeln können. Ob die Aussicht, von einem Bremer Sozialdemokraten am Kinn gekrault zu werden Gleiches bewirken kann, ist äußerst fraglich. Nichts gegen Jens Böhrnsen, aber für ihn kommt ein so großes Turnier eigentlich noch zu früh. Er soll noch nicht einmal im Besitz einer Vuvuzela sein. Ob er berechtigt ist, den offiziellen Horst-sein-Schal auch als Interimsbundespräsident zu tragen, soll ein Gutachten des namhaften Verfassungsjuristen Netzer bis zum Beginn des Turniers klären.

Köhler ist mit 68 Länderspielen nicht der Rekordinternationale, hier führt Johannes Rau mit 426 vermutlich uneinholbaren Einsätzen. Köhlers Humor, seine Eloquenz und sein mitreißendes Temperament werden allerdings nicht nur in den kommenden vier Wochen schmerzlich vermißt werden.