Leider aus dem Transferfenster gefallen

Es hat mich schon beschäftigt in den letzten Wochen: Wird der Club noch jemand abgeben (müssen), oder bleiben die Spieler aus der Vorbereitungsphase, die irgendwann eine Mannschaft ergeben sollen, zusammen? Des schlechten Spiels in Bochum nicht genug, folgte die schlechte Nachricht am Montag: Niklas Stark verläßt Nürnberg und geht zu Hertha. Schlecht ist die Nachricht natürlich nur aus sportlicher Sicht. Dem defensiven Mittelfeldmann wurde in den letzten zwei Jahren nicht die Zeit gegeben, sich zu entwickeln, wie auch sonst keinerlei Geduld vorhanden war. Stark war keine heimatgetränkte Sympathiebombe, keine rotschwarze Ausgabe von Kevin Großkreutz. Er hat niemals mit Tränen in den Augen auf seinem YouTube-Kanal grünweiße Meerschweinchen ertränkt, nur weil er glaubte, es seinen Fans schuldig zu sein. Aber ein Jugend-Europameister, der im zarten Alter von neun Jahren den Weg zum FCN fand, der hätte gerne noch ein bißchen bleiben dürfen.

Finanziell sind die angeblich drei Millionen sicherlich äußerst willkommen, halten sich doch hartnäckige Gerüchte, dass der Club ein bißchen klamm ist. Klammer jedenfalls, als seine öffentlichen Verlautbarungen es behaupten. Apropos Klammer. Quasi zeitgleich wurde der dritte Österreicher verpflichtet. Er heißt Georg Margreitter und kommt von den Wolverhampton Wanderers, die derzeit in der englischen Zweiten Liga spielen. Margreitter könnte in Nürnberg schnell heimisch werden. Auch die Wolves, die 1888 eines von 12 Gründungsmitgliedern der Football League waren, haben eine ruhmreiche Tradition und eine erkleckliche Anzahl von Auf- und Abstiegen vorzuweisen.  Wenn der Schorsch sich so reinhängt wie Guido Burgstaller, können die Fans für ihn singen „Wou iss denn des Gärchla?

Margreitter, man glaubt es kaum, ist ein Abwehrspieler.  Das ist eine echte Überraschung, denn nach vier Spieltagen wird die klare taktische Handschrift von Systemtrainer René Weiler immer deutlicher erkennbar. Weiler will der erste Trainer im deutschen Profifußball werden, der bei den erzielten und den Gegentoren im dreistelligen Bereich landet. Irgendwo muss man anfangen, hat er sich gesagt, also hat der Club nach vier Spieltagen bereits 12 Tore kassiert. Dieser Schnitt bedeutet am Saisonende 102 Gegentore. Jetzt müssen irgendwie nur noch 120  Tore geschossen werden, um den avisierten Platz unter den ersten Sechs zu erreichen. Das ganze nennt man dann am besten eine extrem offensive Grundausrichtung. Der nach zwölf Spieltagen leider völlig überstürzt entlassene Valérien Ismaël hatte nach den ersten vier Spielen der Vorsaison übrigens sechs Gegentore kassiert.  Damit war er für den sofortigen Wiederaufstieg  natürlich untragbar geworden. Wohl dem, der hohe Ansprüche hat.

Game of Trainerstühlchen – Die fünfte Staffel

Was bisher geschah.

Im Reich des Südens: Nachdem Dynastiebegründer Ulus der Untersetzte beim Orakel von Abgabenordnung Buße für vergangene Sünden tun muss, ist sein Thron reichlich verwaist. Seine Diadochen haben nichts zu lochen außer Steuerbelege, als der Schamane des Königshauses, Müwo der Pumperlgsunde, aus heiterem Himmel freiwillig in die Verbannung geht. Er will sich nicht den Zorn des Übungsleiters Peperoni des Affenscharfen zuzuziehen, der glaubt, Müwo der Pumperlgsunde habe die Sprunggelenke vom besten Pferd im Stall behext. Doch auch Peperoni der Affenscharfe sollte sich nicht zu sicher fühlen, denn Haushofmeister Kim Il Mac R, bekannt und beliebt durch die Moderation unzähliger Bankette, sägt schon an seinem Klappstuhl.

Im Reich des Westens:  Der äußerst erfolgreiche Übungsleiter Kloppo Trump  geht nach sieben Jahren freiwillig in die Verbannung, um dort kalten Hackfleisch- und Nierenpudding zu essen. König Aki der Altbierverächter, läßt die Krokodile im Wassergraben seiner Burg Iduna mit einer Extraportion Currywürsten füttern, weil ihm die Tränen ausgegangen sind. Kleinkreutz, der Hofnarr, fällt durch den Schmerz über Kloppos Abgang in geistige Umnachtung und trainiert fortan Außenristpässe. Doch seht, ein fahrender Ritter, in feinstes Tuchel gehüllt, kann vielleicht Abhilfe bringen.

Im Reich des Nordens: Die letzten 13 Übungsleiter wurden alle in die Verbannung geschickt, jetzt hat Uva Seela, die greise Seherin auf Schloß Volkspark, Nummer 14 eine glückliche Zukunft prophezeit. Völlig überraschend wird der juvenil wirkende Barde Bruno La Balladia unter verhaltenem Jubel auf den Schleudersitz gehievt. Sein Vertrag gilt auch für die Unterwelt, weil er weder Hölle, Tod noch Pauli, den kleinen Maulwurf fürchtet. Um seine Mannen nervlich zu entspannen, läßt sie La Balladia als erstes „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ anstimmen. Leider stellt sich die Viererkette im Tenor als eine empfindliche Schwachstelle heraus, was die Götter unfroh stimmt.

Es zeichnen sich unvorstellbare Verwicklungen ab.

Mäßig bewegt, leicht verkrampft

Nichts ist trauriger, als der Versuch, einen unverhofft glücklichen Moment planmäßig zu reinszenieren. Die WM 2006 war ein solcher Moment. Statt Deutschtümelei, prügelnden Nazis und Rumpelfußball gab es aus dem Nichts vier Wochen sonnendurchfluteter Sommermärchen-Seligkeit. Leider meinen nun sehr viele, das unverhoffte Glück lasse sich pünktlich zum 12. Juni 2014 noch einmal aufführen. Diese WM hängt emotional noch reichlich durch, obwohl das 4-0 gegen Portugal sicherlich die reifere sportliche Leistung war als das 4-2 gegen Costa Rica.

Woran es liegt? Da gibt es Funktionärsfehden, die auf offener Bühne ausgetragen werden. Und sogar der Kaiser soll gefehlt haben. Das schlägt aufs Gemüt in der Komfortzone DFB. In der Ukraine und/oder im Irak bricht möglicherweise noch vor dem Ende der Vorrunde der Dritte Weltkrieg aus, womöglich muss deswegen der Bundesligastart verschoben werden. Die Schweinis und Poldis kommen allmählich in die Jahre, die biologische Uhr tickt, und wenn sie nicht bald was gewinnen, ist es vorbei für sie. Lauter Spieler mit 150 Länderspielen, aber ohne Titel, das sieht irgendwie doof aus. Vielleicht hängt auch noch Ballacks Donnergrollen in den Köpfen, der da sagte, bei einem dritten Platz gäbe es nichts zu feiern. Wer will sich schon zum Deppen machen, in dem er eine grandiose Vorrunde ekstatisch bejubelt, um dann im Halbfinale von Spanien, Italien (Holland, Brasilien) taktisch und sportlich wieder einmal vorgeführt zu werden?

Trotz der leicht angespannten Rahmenbedingungen wird unverdrossen zum Public Viewing gepilgert, werden die Autos beflaggt und die Außenspiegel mit Strumpfsocken in den Landesfarben verunstaltet. Die Medien jubeln, die Kanzlerin jubelt und managt Maut, Ukraine, NSA,  Irak in der Halbzeitpause auf dem iPad. Da will keiner abseits stehen, obwohl viele mit den Gedanken woanders sind. Die Werber sind sowieso wie immer völlig von Sinnen. Alles ist jetzt Fußball. Die Firma Tena hat einen speziellen Inkontinenzschutz für Männer entwickelt und wirbt im kicker mit Feinripp in Großaufnahme und dem Slogan „Mehr Sicherheit im Mittelfeld“. Mir fällt dazu sofort ein absolut glaubwürdiger Werbeträger ein, aber genug davon: Pippilotta Viktualia aus Lüdenscheid hat seine zweite Chance verdient.

Rein sportlich gibt es eine Menge Positives: Es wird offensiv gespielt, bereits sechs Spiele wurden gedreht. Die vom Stress der europäischen Ligen erschöpften Spieler sind fast alle fit, der Trend geht dahinm nicht Die Gruppen sind sehr ausgeglichen, Costa Rica gelang eine echte Sensation, auch Bosnien, die Schweiz und die USA schlagen sich wacker. Frankreich und Italien werden nicht so grottig spielen wie 2010, Spanien ist nicht mehr unantastbar.

Auf der Negativseite ist das uninspirierte Spiel Brasiliens zu beklagen. Nichts dagegen, wenn der Favorit Nummer Eins in ein Turnier stolpert, das ging schon vielen späteren Weltmeistern so. Aber das Spiel gegen Mexiko erinnerte mit seiner atemberaubend hohen Fehlpassquote an ein leidenschaftlich geführtes Zweitligaspiel. Mehr als drei Pässe in Serie kamen nicht an. Nur Ochoa war Weltklasse und ist auf dem Weg, der Jan Tomaszewski des 21. Jahrhunderts zu werden.

Ein weiteres Ärgernis sind einige bizarre Schiedsrichterleistungen. Im Eröffnungsspiel wurde Kroatien vom japanischen Schiedsrichter Yuichi Nishimura mehrfach krass benachteiligt. Wer sich fragt, wieso ein Japaner ein WM-Eröffnungsspiel pfeift, der sollte wissen: Das Auswahlverfahren der FIFA für die Schiedsrichteransetzungen ist unübersichtlich. Kriterien sind jahrelange Pfründe, persönliche Abhängigkeiten, regionaler Proporz, voreilig gemachte Zusagen und der Weg des geringsten Widerstandes. Kurz gesagt werden die Schiedsrichter bei einer WM genauso ausgewählt wie die Bundesminister der CSU. Nicht immer landet der richtige Mann auf dem richtigen Posten, dafür murrt die Basis nicht.

Eine Enttäuschung waren die afrikanischen Mannschaften. Kamerun, Nigeria und Algerien zu defensiv-halbherzig, Ghana nicht entschlossen genug, nur die Elfenbeinküste hat gute Chancen auf das Achtelfinale.

Schland war gut, bot mit Holland und Costa Rica die beste Leistung bisher. Götze muss ich nicht in der Startelf haben, aber Schürrle und Podolski sind natürlich die besseren Joker. Boateng wächst weiter über sich hinhaus,  niemand vermisst Schweinsteiger. Ich halte Ghana und die USA für stärker als Portugal, die nächsten Spiele werden enger.