Jeder gegen jeden

Heißa, das ist fürwahr ein fürstlicher Abstiegskampf. Es wird immer enger, an jedem Spieltag wechseln die Vereine auf den Abstiegsplätzen. Selbst für den Elften Frankfurt ist theoretisch noch der Relegationsplatz drin. Und mittendrin der Club. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wie diese Rückrunde ohne Verletzungsserie weitergegangen wäre, aber schade ist es schon um das Duo Ginczek /Drmic. Die waren eine echte Waffe, dazu das Laufwunder Chandler, das Kopfballungeheuer Nilsson und der große Steuermann Hasebe. Egal, müssen eben die Wolfsburger dran glauben, nächste Woche. Irgendwie. Bei Hecking haben wir noch was gut.

Sauspannend ist es, und plötzlich, seit Jahren zum ersten Mal wieder, fängt die Rechnerei an: Wie müssen die anderen spielen, damit der Club überm Strich steht? Man stelle sich vor, dieser 29. sei der letzte Spieltag gewesen, und Freiburg macht noch das 1-1 in Stuttgart, dann steht der Club, obwohl Verlierer, auf dem Relegationsplatz, nicht der VfB, ätsch. Aber noch ist es nicht so weit. Noch fünfmal Haare raufen, Radio hören, Torverhältnisse memorieren, Schiedsrichter verfluchen, eigene Spieler verfluchen, das Universum verfluchen.

Zur großen Freude aller, die auch unten drin hängen, spielen die Wettbewerbsverzerrer aus der Säbener Straße noch gegen Bremen, Stuttgart, Braunschweig und den HSV. Wäre echt super für Freiburg, Hannover, Nürnberg und Frankfurt, wenn die Bayern diese Spiele so abschenken wie das in Augsburg. Pups Gardiola sagt ganz offen: „Die Bundesliga ist für uns vorbei“. Ist halt ein Tschentelmän der alten Schule. Oder meint er Uli damit Uli Hoeneß? Vielleicht verletzt sich ja Neuer noch, dann kann der Münchner Überungsleiter die ganzen Amateurtorhüter reinrotieren lassen.

Schade ist’s um Hyypiä, toller Mensch blablubb, Tante Käthe, was biste für ne alte Schwatzbase geworden.

Lob der Unbeliebten

Heute sollen hier einmal Mannschaften gelobt werden, denen ich sonst eher Hohn und Spott zukommen lasse.

Eintracht Frankfurt hat ein wirklich tolles Spiel abgeliefert am vergangenen Donnerstag in Porto. Wer so spät 0-2 in Rückstand gerät und bei einem Dauergast in der Champions League so abgebrüht zurückkommt, der kann noch einiges reißen in diesem Wettbewerb. Kämpferisch, spielerisch, taktisch war das sehr ansehnlich, mit einer nahezu perfekten Chancenverwertung und einem Zambrano, dessen nerviges Gezicke in der Liga im Kontext internationaler Vergleiche auf einmal eine nützliche Form der Reviersicherung darstellte.

Hertha BSC wird leider nicht mehr in den Abstiegskampf verwickelt werden, ich hatte insgeheim auf eine Relegation gegen Union gehofft. Wenn sie nicht gerade gegen die unglaublichen Nürnberger ein Heimspiel versemmeln, spielen sie gefestigt, zielstrebig und ab und zu sogar schön. Es lauern zwar noch vier, fünf andere Mannschaften auf den Platz an den europäischen Fleischtöpfen, aber egal, ob es reicht für den Aufsteiger(!): Fremdschämen für den Verein, der nach einem Dampfer benannt wurde, ist erst einmal vorbei.

Der HSV war vor der Saison mein Abstiegskandidat Nummer Eins. Kann gut sein, dass er dieser Erwartunghaltung am Ende doch noch gerecht wird, aber das 3-0 gegen Dortmund hat nicht nur einen erfreulichen Verlierer gezeitigt, sondern auch eine Heimelf, die endlich wieder einmal Fußball gespielt hat. Adler machte seinen Job, anstatt wahllos herum zu tölpeln, und schöne Tore gab es auch. Der nette Herr Slomka hat bei seinem Einstand ein gutes Händchen bewiesen. Der Sieg über Dortmund bedeutet: Alle Totgesagten der Hinrunde, auch Braunschweig, selbst wenn sie gegen die unglaublichen Nürnberger auswärts einen Vorsprung in Überzahl aus der hand geben, sind wieder dabei im Kampf um Platz 15 und 16.

Weil Frankfurt einen Dreier gegen Bremen hergeschenkt hat, ist der Club jetzt plötzlich Zwölfter. So viele Siege wie Braunschweig auf Platz 18, so viele Niederlagen wie Leverkusen auf Platz 2, Dritter der Rückrundentabelle. Das Phrasenschwein grunzt zufrieden, aber: Es war schon immer etwas Besonderes, ein Club-Fan zu sein.

Urmel Busters auf Kaperfahrt

Augusburg spielt im Moment seinen besten Fußball seit Helmut Haller, Trainer Weinzierl kennt den Inhalt seiner Puppenkiste aus dem Öfföff. Gegen den FCA muss der Club am Sonntag trotzdem punkten. Es hilft nichts, wenn sich Verbeek nicht rasiert, bis Ginczek wieder auf dem Platz steht. Gertjan, der Graue schafft es vielleicht sogar, den ständig schlamperten Mak ein bißchen besser einzustellen. Oder Pekhart kriegt endlich mal ein paar gute Flanken. Oder ein Schuß von Feulner aus der zweiten Reihe reicht, weil die Abwehr absolut fehlerfrei verteidigt.

Auf die chaotischen Zustände beim HSV sollte sich der Club auf keinen Fall verlassen. Wobei, was der HSV im Moment abliefert, stellt manchen Tiefpunkt der Außendarstellung des FCN nebst Schalker Kreisel- und Kölscher Klüngeleien locker in den Schatten. Ein Verein zerfleischt sich in Echtzeit auf offener Bühne. Keine Spur vom Klischee der „kühl rechnenden hanseatischen Kaufleute“, das bei Bremen und beim HSV gerne bemüht wird. Als ob in 500 Jahren Hanse nie einer Pleite gemacht hätte.  Irgendwann wird James Cameron dieses Drama verfilmen. Mit Leonardo di Caprio als Rafael van der Vaart und George Clooney als Bert van Marwijk. Was für ein Stoff, was für ein Drama.

Aber darauf darf sich Nürnberg nicht verlassen. Wenn es am Sonntag 3-0 für die Bärte (Tore: Nilsson, Plattenhardt, Pekhart) hieße, wäre dies ein weiterer wichtiger Schritt aus der unmittelbaren Gefahrenzone.